Geschätzt, kompetent und warmherzig!
1978 bis 1981 besuchte Susanne Kleine das Seminar Baldegg. Heute, 43 Jahre später, verlässt sie die Sek Zell in die wohlverdiente Pensionierung. Dazwischen hat sich viel getan, vieles hat sich verändert, manches blieb gleich – Susanne erzählt.
Im solothurnischen Subingen aufgewachsen, bestand Susanne Kleine nach der 9. Klasse auf Anhieb die Aufnahmeprüfung zum „Lehrersemi“ in Baldegg. Zuerst ging‘s aber von der Bezirksschule Derendingen erst einmal nach Hertenstein ins 10. Schuljahr, da sie noch zu jung war für das Seminar.
Als es dann soweit war, absolvierte Susanne in Baldegg die Ausbildung zum Unterrichten von TTG (Technisch Textiles Gestalten) auf Primarstufe sowie Handarbeit auf Oberstufe; parallel dazu machte sie noch das Turnpatent.
Später – schon lange fest im Berufsleben – fügte Susanne dann noch berufsbegleitend die dreijährige Weiterbildung an der Fachhochschule Brugg für Werken an der Oberstufe an.
Was hat sich für dich am meisten verändert seit deinem Berufseinstieg?
Das ist für Susanne klar: «Die Anforderungen an die heutigen Jungen sind wahnsinnig gestiegen! Das hängt sicherlich auch mit der ganzen elektronischen Welt zusammen, seien es die sozialen Medien, die ständige Erreichbarkeit und – die ständige Ablenkung. Früher konnten sich die Schülerinnen und Schüler besser konzentrieren, weil sie weniger abgelenkt waren.»
Was ist für dich wichtig im Umgang mit den Lernenden?
«Ich denke, Kinder sollten ihre Erfahrungen machen dürfen – auch negative; auch an negativen Erfahrungen wachsen sie. Sie müssen lernen, dass sie die Konsequenzen tragen müssen für ihr Handeln, müssen lernen, geradezustehen. Ich finde, das fehlt heute zunehmend. Wenn es zum Beispiel Streit gibt auf dem Nachhauseweg, sollten sie das unter sich ausmachen; das ist nicht Sache der Lehrperson oder der Schule.» Ebenso würden heute viele Eltern sehr gern ihre eigene Verantwortung der Schule bzw. den Lehrpersonen übergeben.
Veränderungen in der Schule
«Vom Team her hat sich sehr vieles verändert: Früher waren wir Einzelkämpfer, heute ist viel mehr Teamarbeit gefragt. Du musst heute einfach teamfähig sein.» Und weiter: «Wir hatten früher noch Inspektorate, kantonale und auf Bezirksebene, welche zu Besuch kamen. Ich fand das eine gute Sache, denn diese waren fachlich à jour und haben dich sehr gut beraten können. Das waren Leute, die selber Schule gaben. Das hat sich verändert. Schulpflegebesuche bekamen wir auch, das fiel irgendwann weg. Grundsätzlich finde ich aber schon, dass die Schule heute offener ist (es kann ja jeder jederzeit schauen kommen, wenn er will). – Positiv finde ich auch, dass die Durchlässigkeit viel, viel höher ist heute. Angebote wie Passerellen und dergleichen eröffnen viele Möglichkeiten und Vorteile – das hat sich wirklich zum Guten verändert!»
Wünsche für die Zukunft
«Für die Zukunft des Unterrichts im Werken an der Sek wünsche ich mir, dass nicht noch mehr gekürzt wird zu Gunsten von kopflastigen Fächern. Ich finde Werken eben auch sehr wichtig, vor allem auch, da ja Handwerker fehlen. Generell müsste das Handwerk besser goutiert bzw. mehr wertgeschätzt sein.»
Was wünschst du jungen Lehrperson, welche Tipps hast du für sie?
Susanne lacht: «Was ich jungen Lehrpersonen wünsche? Viel Kraft und Ausdauer!» Weiter wünscht sie ihnen, «dass sie nicht verzweifeln, wenn‘s am Anfang nicht gleich klappt. Es zahlen alle ihre Lehrblätze. Ich habe meine auch bezahlt, auch früher. Das gehört dazu. Mit jedem Jahr geht es besser. Fachlich würde ich ihnen empfehlen, nicht zu viel zu wollen am Anfang, sondern lieber weniger, dafür in die Tiefe.»
Zur Ausbildung von Lehrpersonen denkt Susanne, dass das Fachliche heute eindeutig zu kurz komme. «Ich mache oft die Erfahrung bei jungen Lehrpersonen, dass sie sich vieles zuerst selber aneignen müssen. Bei mehreren Fächern ist das ein Riesenaufwand. Wenn dann viele neue Lehrpersonen kein volles Pensum unterrichten, ist das also gar nicht verwunderlich.
Schlussendlich ist es einfach so: Je mehr Wissen, desto sicherer steht man vor der Klasse!»
Was sind deine Pläne für die Zeit nach dem ‚aktiven Schuldienst‘?
«Mehr nähen – und zwar für mich!» Susanne strahlt, und fügt verschmitzt an: «Ich habe mir ein Nähzimmer eingerichtet. – Ebenfalls habe ich am Haus einen Haufen Sachen zu machen, habe einen riesigen Garten und ich möchte noch ein wenig reisen gehen… – also e ganze Huufe!
Ausserdem gebe ich ja nächstes Jahr auch noch weiterhin Schule z’Dietu: ich werde dort noch für ein weiteres Jahr in einem tieferen Pensum weiterfahren». Auf die Frage des Warums antwortet sie mit einem Schmunzeln: «Damit ich nicht an beiden Schulen gleichzeitig aufhören muss. So kann ich zuerst die eine und dann die andere Schule aufräumen!»
Das ist ein Grund. Und der andere Grund ist auch, «um das Pensum noch ein wenig auszuschleichen, also nicht auf einen Klapf weg. Ich weiss auch nicht, ob ich die Kinder dann vermissen werde. Denn die Kinder finde ich nach wie vor toll. Ich fand sie früher toll und ich finde sie heute noch ganz toll!»
Michael Bieri, Peter Flückiger